Schüler

Eine detailierte Übersicht über die Schüler und deren Interessensfelder.

  • Über die Listen
    • Die folgenden beiden Listen erfassen die bekannteren unter den „Jungiani“, den Jungius-Schülern. Sie galten der Überlieferung zufolge als gute Mathematiker, aber bemerkenswert wenige von ihnen sind später als Mathematiker (auch im erweiterten Sinn, inklusive Astronomen, Geographen etc.) in Erscheinung getreten.

      Zum Teil lag das daran, dass viele und nach Jungius’ Einschätzung gerade die besten Schüler jung verstorben sind: Woldeck Weland starb 1641 mit 27 Jahren, Bernhard Varenius 1650 mit 28. Allerdings betraf dieses Phänomen auch andere Gebiete. So sind zwei vielversprechende Mediziner unter den Jungiani auch nur 31 und 35 Jahre alt geworden: Christoph Schelhammer und Christian Buncke. Zudem sagt man gerade Mathematikern nach, sie machten ihre besten Entdeckungen in jungen Jahren, was auf unsere Beispiele vielleicht zutrifft, aber ebenso gut von den Historikern Peter Lambeck und Vincent Placcius gesagt werden könnte.

      Unter den Jungius-Schülern sind gar keine professionellen Astronomen, Botaniker, Chemiker und Mechaniker auszumachen. Das erklärt, warum die Jungius-Forschung, die größtenteils von der Chemie oder der Botanik, immer aber von der Naturwissenschaftsgeschichte ausging, keine Schulenbildung und nur eine sehr schwache Nachwirkung Jungius’ feststellen konnte. Um zu einer gerechten Einschätzung der Wirkung zu gelangen, muss man schon andere Bereiche genauer anschauen.

      Mehrere Jungius-Schüler haben sich in den Rechtswissenschaften hervorgetan. Reinhold Blome war Professor in Heidelberg und Diplomat im schwedischen Dienst. Mit beidem war er nicht allein. Zwei Gründungsprofessoren der Juristischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität Kiel waren ebenfalls Jungius-Schüler (Samuel Rachel und Erich Mauritius), mehrere Schüler traten zum einen oder anderen Zeitpunkt in schwedischen Dienst, sei es in Stade (Joachim Christiani), in Pommern (Nicolaus Dassovius) oder in Schweden selbst (Johannes Gerdes). Außer Erich Mauritius wirkte auch Friedrich Plönnies am Reichskammergericht.

      Politisch gewirkt haben im Verlauf des 17. Jahrhunderts viele Jungius-Schüler in Hamburg, was kaum verwundern dürfte, weil es ja nur bedeutete, dass die Elite der Stadt ihre Söhne an das Akademische Gymnasium schickte. Bedenkt man aber, dass einerseits die Schule noch kurz vor Jungius’ Amtsantritt geschlossen werden sollte und andererseits auch viele später einflussreiche Politiker und Geistliche aus Lübeck, Rostock und Greifswald unter Jungius’ Rektorat in Hamburg ausgebildet wurden, dann erkennt man Jungius’ Bedeutung für das Akademische Gymnasium. So finden wir unter den Jungius-Schülern mit Vincent Garmers, Albert Schreining und Heinrich Pohlmann drei Syndici, mit Samuel Schultze einen Senior Ministerii und mit Peter Lütkens einen späteren Bürgermeister von Hamburg, die alle in die Streitigkeiten der späten 1670er bis frühen 1690er Jahre verwickelt waren.

      Die Sprachforschung war offenbar das Gebiet, auf dem Jungius und seine Schüler am wirkmächtigsten waren. Martin Vogel entdeckte die finnisch-ungarische Sprachverwandtschaft und ist somit der Begründer der Finnougristik. Joachim Rachel, der Bruder des Juristen Samuel Rachel, schrieb deutsche Satiren, Johann Bellin und Johannes Vorst erforschten die deutsche Sprache und einer der bekanntesten Germanisten der Zeit, Justus Schottelius, begab sich sogar nach einem ersten Universitätsbesuch noch einige Zeit nach Hamburg, um bei Jungius zu lernen. Marquard Gude und Peter Lambeck taten sich als Sammler alter Schriften hervor, mit Lambeck und Vorst waren zwei Jungius-Schüler nahezu zeitgleich Bibliothekare in den Hofbibliotheken der bedeutendsten deutschen Staaten Österreich und Brandenburg. Der Königsberger Philosophieprofessor Hartwig Wichelmann, der auch sehr jung starb, begründete eine Schule der Aristoteles-Rezeption, die auf einem genauen Studium der altgriechischen Originalquellen aufbaute. Schließlich waren zwei wichtige Hebraisten des späten 17. Jahrhunderts Jungius-Schüler: Esdras Edzard und Johannes Vorst.

      Die Auswahl der Jungius-Schüler in dieser Liste beruht auf einer Suche in der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek und in den Standardwerken der Deutschen Biographie (ADB und NDB). Dabei wurde nicht jeder aufgenommen, der einmal am Akademischen Gymnasium eingeschrieben war und später irgendeine Gelegenheitsschrift verfasst hat, sondern eine Beziehung zu Jungius und dessen typischen Themen einerseits sowie eine gewisse Bedeutung in Form von Sekundärliteratur andererseits sind Auswahlkriterien gewesen. Daher ist diese Liste nicht notwendiger Weise abschließend.

  • A. Liste der Jungius-Schüler nach Tätigkeiten
    • Die folgende Liste ist sortiert nach Haupttätigkeitsfeldern, wie sie in der Suche nach einem „Thema“ recherchiert werden können. Sie ist in erster Linie gedacht um allen, die sich mit einem bestimmten Thema bei Jungius beschäftigen, Hinweise darauf zu geben, über welche seiner Schüler er weitergewirkt haben kann.

      Mathematica, Astronomica, Physica

      Weland, Woldeck (1614–1641)
      Mathematiker, plante mit Jungius die Herausgabe des Apollonius Saxonicus .
      Müller, Johannes (1611–1671)
      seit 1660 Professor der Mathematik am Akademischen Gymnasium in Hamburg, ein Brief von Müller an Hugo Grotius ist unter der Signatur „Slg. Darmstaedter J 1655“ in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin erhalten.
      Siver, Heinrich (1626–1691 oder 1692)
      Mathematiker und Geograph, zwei Werke in den Digitalisierten Beständen der Stabi: eine Ausgabe der mathematischen Werke von Johann Adolf Tassius (1585–1654), in der auch Jungius’ Phoranomica (Bewegungslehre) enthalten ist (1677) und eine Übersetzung von Isaac de La Peyrères (1596–1676) Bericht von Gröhnland (1674).
      Heins,Valentin (1637–1704)
      Mathematiker („Rechenmeister“), Buchhalter der Guineisch-Afrikanischen Compagnie, Rektor beider St.-Michaelis-Schulen in Hamburg, Gründer der „Kunst-Rechnungs-liebende Societät“ (heute „Mathematische Gesellschaft in Hamburg“), verfasste mehrere Lehrbücher und Hertzliche Klagund Trost-Zeilen … (1657) zum Tod des Sohns Hermanns von Petkum, mehrere Bildnisse im Besitz der Stabi, z. B. dieses und dieses .

      Medica, Physica

      Buncke,Christian (1623 oder 1624–1659)
      Professor der Medizin in Gießen,1652 Stadtphysicus in Hamburg, verfasste Glückwünschungs-Gedichte … .
      Küster, Johannes (um 1614–1685)
      geadelter von Rosenberg (Schweden), „Archiater“ („Erzarzt“) des schwedischen Königspaars, Leibarzt des russischen Zaren Alexei I., Hauptwerk Affectuum totius corporis humani praecipuorum Theoria et Praxis (Frankfurt, 1664).
      Schelhammer, Christoph (1620–1651)
      Professor der Anatomie und Chirurgie in Jena.

      Linguistica et Philologica …

      … Germanica

      Bellin, Johann (1618–1660)
      Mitglied der „Deutschgesinnten Genossenschaft“, u. a. Verfasser einer Teutsche Orthographie oder Rechte Schreibe-Kunst (1642), in Hamburg erschien 1647 Etliche der … Deutsch-gesinneten Genossenschaft Mitglieder … Sendeschreiben . Digitalisierte Hamburgensie: Ἐυσεβὴς Παρνασσὸς ἐυφημῶν … (1641).
      Rachel, Joachim (1618–1669)
      Bruder von Samuel, Satiriker („der deutsche Juvenal“), Schulrektor in Heide, Norden und Schleswig, verfasste u. a. Regina Arabiae … (1653), Teutsche Satyrische Gedichte und übersetzte Hugo Grotius’ (1583–1645) Christlicher Glaubens-Unterricht (1664).
      Schottelius, Justus Georg (1612–1676)
      Sprachforscher („der deutsche Varro“), Urheber vieler deutscher grammatischer Begriffe (Ein-/Mehrzahl, Hauptwort etc.), Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft und des Pegnesischen Blumenordens, Prinzenerzieher am braunschweig-lüneburgischen Hof, Hauptwerk Ausführliche Arbeit Von der Teutschen HaubtSprache (1663).
      Vorst, Johannes (1623–1676)
      Schulrektor in Flensburg und Berlin, Bibliothekar der Kurfürstlichen Bibliothek, galt als profunder Kenner des Hebräischen, verfasste ein Werk zur deutschen Sprache Observationum in linguam vernaculam specimen (1669).

      … Latina, Graeca, Hebraica

      Edzardus, Esdras (1629–1708)
      Orientalist und Theologe, verschrieb sich der Judenmission, verfasste Consensus Antiquitatis Judaicae … (1670). Vgl. auch Behrmann, Georg: Hamburgs Orientalisten : dem 13. Internationalen Orientalisten-Kongreß überreicht von der Averhoff-Stiftung . Hamburg : Persihl, 1902, S. 41–46.
      Fogel, Martin (1634–1675)
      Arzt, Entdecker der finnisch-ungarischen Sprachverwandtschaft, der Nachlass von Martin Fogel befindet sich in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover.
      Gerdes, Johannes (1624–1673)
      Professor der orientalischen Sprachen an der Universität Greifswald, gestorben in Stockholm als Inspektor der deutschen Kirchengemeinden.
      Gude, Marquard (1635–1689)
      Klassischer Philologe und Epigraphiker, hinterließ eine nahezu druckfertige Zusammenstellung antiker Inschriften ( Antiquae inscriptiones … , Leeuwarden 1731) und eine Bibliothek mit Handschriften, Teilnachlässe befinden sich in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und Det Kongelike Bibliotek in Kopenhagen.

      Philosophica, Philosophia Historica

      Wichelmann, Hartwig (1612–1647)
      Professor der Philosophie in Königsberg, richtete seine Vorlesungen und Deutungen an den griechischen Originalschriften des Aristoteles aus.

      Historica, Geographia

      Anckelmann, Theodor (1638–1706 oder 1716)
      Verfasser der Inscriptiones Hamburgenses (1706).
      Lambeck, Peter (1628–1680)
      Historiker und Bibliothekar, war seit 1651 Professor der Geschichte am Akademischen Gymnasium in Hamburg und seit 1657 Nachfolger Jungius’ als Rektor, konvertierte zum Katholizismus, verließ Hamburg und wurde 1663 Hofbibliothekar in Wien. Zahlreiche Bildnisse und Werke im Besitz der SUB, u. a. auch digitalisierte Versionen der Origines Hamburgenses … (1661).
      Meibom, Marcus (1621, 1626 oder 1630–1710, 1711 oder 1744)
      Musiktheoretiker und -historiker, Professor in Amsterdam, verfasste Antiquae musicae auctores septem : graecè et latinè .
      Placcius, Vincent (1642–1699)
      Polyhistor und Jungius‘ Testamentsverwalter, verfasste u. a. ein juristisches Werk De Actionibus Tractatio bipartita … (1679) und eine Liste der Verfasser von anonymen und unter Pseudonym erschienenen Werke: … Theatrum anonymorum et pseudonymorum ex symbolis collatione virorum per Europam … (1708).
      Varenius, Bernhard (1622–1650)
      Begründer der modernen Geographie, verfasste eine Descriptio Regni Iaponiae … (1649) und eine Geographia generalis … (1650), die viele Auflagen erlebte und u. a. von Isaac Newton (1643–1727), Alexander von Humboldt (1769–1859) und Thomas Jefferson (1743–1826) hoch geschätzt wurde.

      Theologica

      Büscher, Vitus (1602–1666[?])
      Identität mit dem Superintendenten in Quakenbrück nicht abschließend geklärt.
      Cadovius, Matthias (1621–1679)
      Prediger am ostfriesischen Hof, griff 1650 Jungius’ Logica Hamburgensis öffentlich an.
      Daetrius, Brandanus (1607–1688)
      Doktor der Theologie, Sohn des gleichnamigen Hamburger Rechenmeisters († 1626), u. a. Gesandtschaftsprediger bei Hugo Grotius (1583–1645) in der schwedischen Gesandtschaft in Paris und Stadtsuperintendent von Braunschweig. Sein Nachlass befindet sich in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover.
      Dassovius, Nicolaus (1639–1706)
      Pädagoge, Hauptpastor an St. Marien und Professor der Theologie in Greifswald.
      Hackmann, Jakob (1609 oder 1610–1698)
      Pastor, Senior Ministerii und Konsistorialrat in Stade.
      Petkum, Hermann von (1610–1682)
      Prediger, seit 1673 Hauptpastor an St. Petri.
      Pfeiffer, August (1640–1698)
      Theologe und Orientalist, studierte u. a. bei Abraham Calov (1612–1686) (vgl. Disputation De probationibus eminentibus ) und wurde daraufhin Anhänger der lutherischen Orthodoxie, seit 1684 Professor für die Hebräische Sprache in Leipzig, seit 1689 Superintendent von Lübeck, ein Bildnis im Besitz der Stabi.
      Polz, Johann Moritz (1638–1708)
      Pastor in Rostock, setzte sich gegen astrologische Prognosen in Kalendern ein.
      Schultze, Samuel (1635–1699)
      Hauptpastor an St. Petri als Nachfolger von Hermann von Petkum, seit 1688 Senior des Geistlichen Ministeriums.

      Politica

      Bluhm, Reinhold (1617–1690)
      in Hamburg meistens Blome genannt, u. a. Professor der Recht>swissenschaften in Heidelberg und Staatsmann in schwedischen Diensten. Wichtigster Korrespondent von Jungius im Nachlasskonvolut: Es sind 50 Briefe von Blome an Jungius und 14 von Jungius an Blome erhalten.
      Christiani, Joachim († nach 1670)
      Sohn des Greifswalder Mathematikprofessors Alexander Christiani, studierte in Tübingen, Vizekanzleidirektor in Stade, Canonicus in Hamburg.
      Fischer, Daniel († 1690)
      Jurist, Bürgermeister in Lübeck oder Rostock, einer der Schreiber von NJJ : Pe. 19 a Doxoscopiae Minores Physicae . Ein von Fischer verfasster und u. a. von Caspar Westermann und Heinrich Polmann unterschriebener Brief liegt unter der Signatur „Briefsammlung Mengen II-VI 224a“ in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.
      Garmers, Vincent (1623–1687(?))
      Hamburger Senatssyndicus, handelte mit England die Ausnahme Hamburgs von der Navigationsakte aus, vermittelte einen Frieden zwischen Dänemark und Schweden und Schutzabkommen für Hamburg mit Schweden und später den Welfen gegen Dänemark.
      Lütkens, Peter (1636–1717)
      einer der Gründer der Oper am Gänsemarkt, Jurist, Bürgermeister (1687–1717), ein Portrait im Besitz der Stabi.
      Mauritius, Erich (1631 oder 1632–1691)
      Jurist, seit 1660 Professor für Staatsund Lehnsrecht, 1665 Professor an der neu gegründeten Universität Kiel, vom Schwäbischen Reichskreis als Assessor an das Reichskammergericht entsandt, in Hexereiprozessen vertrat er eine sehr strikte Auffassung der Prozessordnung.
      Plönnies, Friedrich (von) (1636–1686)
      Sohn eines Lübecker Ratsherren gleichen Namens, Vater des Mathematikers Erich Philipp Plönnies, galt selbst als begabter Schüler Jungius’, Advokat am Reichskammergericht in Speyer.
      Po(h)lmann, Heinrich (1635–1719) (Daten laut Epitaph in Glückstadt)
      Hamburger Syndikus, galt als heimlicher Anführer des Schnittker-Jastramschen Staatsstreichs, floh in den Schutz des dänischen Königs, Verfasser des Werks Ohnvorgreifliches Guthachten … (1671).
      Rachel, Samuel (1628–1691)
      Bruder von Joachim, Professor der Ethik in Helmstedt, des Naturund Völkerrechts in Kiel und erster Bibliothekar der Universität Kiel, Staller von Eiderstedt und Diplomat in gottorfschem Dienst.
      Schertlingk, Jacob (1613–1672)
      Lehrer, Sekretär, Hofmeister und Hofrat am mecklenburgischen Hof in Güstrow. Mitautor der Disputation De Genere Probationum in Physica Acroasi .
      Schweser, Johann Friedrich (1606–1681)
      Justizrat in Bayreuth.
      Westermann, Caspar (1622–1688)
      Hamburger Ratsherr, wichtiger Korrespondenzpartner in Jungius’ Briefwechsel.

      Didactica

      Hase (Hasius oder Lagus), Jacob (fl. 1634–1650)
      Rektor am lutherischen Gymnasium von Ödenburg (Sopron, Ungarn).
      Weghorst, Heinrich († 1688)
      Schulrektor in Kiel, beteiligte sich mit seiner Spongia (1637, NJJ : Pe. 4, [6]) am Streit zwischen Jungius und Johannes Scharfius aus Wittenberg.
  • B. Liste der Interessengebiete nach Schülern